Dieser Leitfaden ist eine Handlungsanleitung zum Umgang mit Abfällen künstlicher Mineralfasern (KMF) aus dem Bauwesen für Bauherren und Bauunternehmen, Transportunternehmen sowie Sammler und Behandler von Abfällen. Beschrieben werden empfohlene Verhaltensweisen auf der Baustelle (Sammlung, Lagerung), beim Transport, der Zwischenlagerung und für die Entsorgung. Der Leitfaden wurde in Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus mit den Bundesländern erstellt.

Stoffliche Eigenschaften

Bei künstlichen Mineralfasern (in weiterer Folge KMF) handelt es sich um synthetisch hergestellte, anorganische Fasern. Der Leitfaden umfasst ausschließlich den Teilbereich der Abfälle von Mineralwollen aus dem Baubereich (insbesondere Glaswolle oder Steinwolle). Diese werden als Dämmmaterial eingesetzt. Aufgrund der Faserdimension und der unzureichenden Biolöslichkeit können sich ältere Mineralwollen bei einer Faserfreisetzung negativ auf die Gesundheit (Atemwege, Haut) auswirken.

Mineralwolle aus dem Baustellenbereich

 

Zuordnung Abfall

Hinsichtlich der Zuordnung von künstlichen Mineralfasern zu einer Abfallart ist zwischen nicht gefährlichen und gefährlichen Abfällen zu unterscheiden:

Künstliche Mineralfasern als nicht gefährlicher Abfall

Abfälle künstlicher Mineralfasern gelten als nicht gefährlich und sind der Abfallart mit der Schlüsselnummer SN 31416 „Mineralfasern“ zuzuordnen, wenn sie nachweislich eines der folgenden Kriterien erfüllen:

  • KMF-Produkte, die ab dem Jahr 1998 von einem Mitglied der österreichischen Fachvereinigung Mineralwollindustrie (fmi-austria.at) hergestellt wurden.
  • In Deutschland durften ab 06.2000 nur noch KMF in Verkehr gebracht werden, die nicht potentiell karzinogen sind. Nach diesem Stichtag verkaufte KMF führen in der Regel das RAL-Gütezeichen (Freizeichnung). In Österreich gibt es keine derartige Regelung

Hinweis: Auch KMF-Dämmstoffe, die ab 1998 verwendet wurden, können gefährliche Abfälle im Sinne des Abfallrechts sein (z.B. durch Verwendung alter Lagerbestände oder Waren die nicht von Herstellern der FMI stammen).

Weitere Kriterien und Dokumentation der Nichtgefährlichkeit der KMF im Rahmen der Rückbaudokumentation gemäß Recycling-Baustoffverordnung:

  • Kennzeichnung mit Gütesiegel (EUCEB, RAL)
  • Produktsicherheitsdatenblätter der Mineralwollen gemeinsam mit Rechnungen (Produktionsjahr, Hersteller, Hinweis auf Gütesiegel)
  • chemisch-analytischer Nachweis der Nichtgefährlichkeit (nicht Zutreffen der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP7 „karzinogen“): Untersuchung der Mineralfasern auf deren Massengehalt von Oxiden und Bestimmung des längengewichteten mittleren geometrischen Faserdurchmessers abzüglich des zweifachen geometrischen Standardfehlers (LWGMD-􀀷SE) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 761/2009 und Einstufung der Fasern gemäß Verordnung (EG) Nr.1272/2008 (CLP-Verordnung). Diese kann in Labors von KMF-Herstellern, Zertifizierungsstellen der Fasern oder hierzu spezialisierten Labors durchgeführt werden.

Gütesiegel:

Künstliche Mineralfasern als gefährlicher Abfall

Alle KMF-Abfälle, die keines dieser oben angegebenen Kriterien erfüllen oder wenn deren Nachweis nicht möglich ist, sind gefährliche Abfälle und aufgrund der aktuell gültigen Zuordnungskriterien der Abfallverzeichnisverordnung der Schlüsselnummer SN 31437g „Asbestabfälle, Asbeststäube“ zuzuordnen. Gleiches gilt für Verbundmaterialien, die diese gefährlichen KMF enthalten (z.B. Gipsplatten mit geklebten Mineralfasermatten, mit Mineralfasern gedämmte Rohre, Sandwichpaneele mit Mineralfaserkern).

 

Sammlung von KMF-Abfällen am Ort des Anfalls

Nach der Recycling-Baustoffverordnung iVm ÖNORM B 3151 sind gefährliche KMF-Abfälle am Ort der Entstehung getrennt zu sammeln und an befugte Abfallsammler oder -behandler zu übergeben.

Für die Verwertung der mineralischen Baurestmassen gelten auch KMF ohne gefahrenrelevante Eigenschaften als Störstoffe (vgl. Recycling-Baustoffverordnung). Zu diesem Zweck ist auch bei nicht gefährlicher KMF eine Sortenreine Trennung erforderlich.

Hinweis:

Eine Vermischung von KMF mit anderen Abfällen (z.B. sperrigen Abfällen), die thermisch behandelt werden, führt zu massiven Problemen in thermischen Behandlungsanlagen (durch Verstopfen bzw. Beschädigung der Filter), daher ist eine getrennte Erfassung auch nicht gefährlicher KMF von besonderer Bedeutung.

Bei der Sammlung aller KMF-Abfälle ist eine Staubfreisetzung zu vermeiden.

 

INFO FÜR PRIVATE HAUSHALTE

Da KMF keine Abfälle sind, die „üblicherweise in privaten Haushalten anfallen„, gelten gefährliche KMF nicht als Problemstoffe im Sinne des AWG 2002. Gemeinden sind daher nicht zur Übernahme von KMF verpflichtet.

Für Bau-, Abbruch- und Rückbautätigkeiten sowie bei der Sammlung und Behandlung der KMF-Abfälle sind die einschlägigen Arbeitnehmerschutzbestimmungen einzuhalten (vgl. das Kapitel „ArbeitnehmerInnenschutz“ in der Kurzanleitung für den Umgang mit KMF im Bauwesen von Seiten der WKO unter https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bauhilfsgewerbe/kmf-leitfaden.pdf .

 

Transport und Zwischenlagerung von KMF-Abfällen

Mit allen KMF-Abfällen ist beim Transport und der Zwischenlagerung so umzugehen, dass die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet wird. Insbesondere die Freisetzung von staubförmigen KMF ist aufgrund des damit verbundenen Gesundheitsrisikos zu vermeiden.

Künstliche Mineralfasern als nicht gefährlicher Abfall

Nicht gefährliche künstliche Mineralfasern sind beim Transport und der Zwischenlagerung abzudecken, um Staubverfrachtungen zu unterbinden (z.B. Deckelmulde).                

Künstliche Mineralfasern als gefährlicher Abfall

Jeder Transport und jede Zwischenlagerung von gefährlichen künstlichen Mineralfasern hat in verpackter Form zu erfolgen. Staubfreisetzungen und unnötige Manipulationen sind zu vermeiden. Die KMF-Abfälle sind bereits am Ort des Anfalls in reißfeste, staubdichte und staubdicht verschließbare Kunststoffsäcke (z.B. BigBags) zu verpacken. Im Hinblick auf spätere Manipulations- und Behandlungsschritte sollte auch auf die UV-Beständigkeit (gemäß ÖNORM EN ISO 􀁓􀁒􀁙􀁚􀁙) Rücksicht genommen werden.

Richtige Zwischenlagerung KMF als gefährlicher Abfall auf Baustellen

 

Verpackung KMF-gefährlich SN 31437

Jede Verpackung ist entsprechend ihres Inhalts dauerhaft zu kennzeichnen (z.B. „künstliche Mineralfasern – SN 31437“).

Eine Vorbehandlung von KMF (z.B. Verpressung, Zerkleinerung und anschließende Verfestigung) ist nur mit der entsprechenden abfallrechtlichen Genehmigung zulässig.

Aufgrund der gefahrenrelevanten Eigenschaften von gefährlichen KMF-Abfällen, lehnen sich die Vorgaben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie für den Transport dieser Mineralfasern an die Vorgaben für Asbestabfälle an (Transport gemäß Sondervorschrift 168, Kapitel 3.3.1. ADR).

 

Beispiel zur fachgerechten Verpackung

 

 

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